Nina Bachmann — 09.05.2024

Kreislaufwirtschaft ist das Thema der Stunde. Besonders in der Schweizer Textil- und Bekleidungsbranche. Ihre Unternehmen engagieren sich zwar in der Material- und Produktentwicklung: Sie suchen neue Geschäftsmodelle und sinnvolle Verwertungsmöglichkeiten für ihre Produkte. Muss jedes Unternehmen den
Kreislauf allein schliessen, gibt es allerdings Hürden, die es nicht überwinden kann.

Im März 2022 veröffentlichte die EU ihre neue Textilstrategie, in der sie die Hersteller
stärker in die Pflicht nimmt. So sollen sie ihre Verantwortung künftig entlang der gesamten
Wertschöpfungskette wahrnehmen. Unternehmen, die das Produkt hergestellt oder auf den Markt gebracht haben, sind demnach künftig auch nach dem Verkauf noch für ihre Materialien zuständig. Zusammengefasst ist die sogenannte Extended Producer Responsibility (EPR) im Abfallrecht.

In der Schweiz kennen beispielsweise die Branchen der Elektronikartikel oder PET-Flaschen ein solches System. Dort haben die Unternehmen die Rücknahme, Sortierung und Wiederverwertung der Materialien gemeinsam organisiert. Mit Erfolg.

In Eigenverantwortung lösen

Liesse sich eine erweiterte Herstellerverantwortung, wie sie die EU verlangt, auch für die
Schweizer Textilbranche anwenden? Und wie würde diese aussehen?

Swiss Textiles und eine Gruppe aus Inverkehrbringern wollen diesen Fragen nun in einem
gemeinsamen Branchenprojekt nachgehen. Ähnlich wie für PET-Flaschen und
Elektronikartikel soll der gesamte Prozess zentral geregelt werden: von der Rücknahme, Sortierung über Wiederverwendung bis hin zur Reparatur und Verwertung der textilen Materialien am Schweizer Markt.

Zirkulären Kreislauf trainieren

Die Branche will mit Sammel- und Recyclingorganisationen zusammenarbeiten, die bereits im Markt bestehen. Einerseits sind diese potentielle Abnehmer von etwa recycelten Fasern. Andererseits liesse sich das Design der Materialien so gestalten, dass sie zunehmend zirkulär würden. Das vereinfacht das Recycling.

Branche will sich selbst finanzieren

Im Falle der PET-Flaschen und Elektronikartikel teilen sich die Marktbeteiligten die Kosten
untereinander auf. Das neu revidierte Umweltschutzgesetz stärkt Branchenorganisationen in Zukunft sogar, da der Bund einzelne Marktteilnehmer, die nicht mitziehen, verpflichten kann.

Die Beiträge werden im Idealfall in Form einer vorgezogenen Finanzierung erhoben. Dies
soll die Sammelmengen und Investitionssicherheit erhöhen – etwa für neue Recyclinganlagen – und eine Kosteneffizienz sicherstellen. Möglich ist das, weil die Branche das System trägt und es schweizweit einheitlich ausgestaltet wird.

Die Branche ist überzeugt: Ein solches System kann auch bei Textilien funktionieren und würde die Kreislaufwirtschaftsbestrebungen der Unternehmen stark vereinfachen. Im Laufe der nächsten Monate sollen deshalb weitere Partner aus der Branche und der Politik an Bord geholt werden, um das Projekt voran zu treiben.

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