Die Unternehmen brauchen einen langen Atem: Eine nachhaltige Erholung der Schweizer Textil- und Bekleidungsbranche lässt weiterhin auf sich warten. Markante Verschlechterungen wie in den Vorquartalen sind glücklicherweise ausgeblieben. Gleichzeitig fehlen positive Signale für eine bessernde Marktsituation. Während sich die gute Stimmung der verarbeitenden Industrie der Sommermonate wieder abgekühlt hat, erholt sich der Grosshandel allmählich von seinem Tief. Unser Handelsexperte von Swiss Textiles reiht für uns ein.
Die Schweizer Industrie tut sich weiterhin schwer. Davon ist auch die Textil- und Bekleidungsbranche nicht gefeit. Da sie vom Export abhängt, betreffen sie die Entwicklungen im Ausland besonders. Gerade ihre Hauptmärkte bleiben ein Unsicherheitsfaktor.
Während der Absatz in Asien mehrheitlich erfreulich verläuft, bleibt der Handel mit Europa und den USA negativ. Politisch werden diese in den kommenden Wochen und Monaten von sich reden machen. Was dies für die Wirtschaft bedeutet, bleibt abzuwarten. Die Umfrageresultate für diesen Bericht stammen noch vor den Wahlen in den USA und dem Auseinanderbrechen der Koalition in Deutschland.
Wir unterschieden nachfolgend zwischen der verarbeitenden Textil- und Bekleidungsindustrie sowie dem Textil- und Bekleidungsgrosshandel.
Textilien bleiben das Sorgenkind des Aussenhandels.
Die verarbeitende Textil- und Bekleidungsindustrie bewertete die Geschäftslage im Sommer noch deutlich positiv, was sich in den vergangenen beiden Monaten änderte.
Für den Grosshandel verlief das Jahr bislang mehr schlecht als recht. Erst im dritten Quartal zeigte er leicht positivere Tendenzen, wenngleich weiterhin im Negativbereich. Beide Sparten klagen über eine zu tiefe Auftragslage.
Textilien bleiben das Sorgenkind des Aussenhandels. Das dritte Quartal ist das sechste in Folge mit einem Exportrückgang. Zwar lediglich um fünf Prozent, die Tendenz zeigt aber weiterhin abwärts.
Beim Textilimport sieht es seit über einem Jahr ähnlich aus, wobei die Abnahme im Vergleich zum Vorjahresquartal bei nur 1,1 liegt. Das Blatt könnte sich für die Textilimporte bald zum Besseren wenden.
Das Blatt könnte sich für die Textilimporte bald zum Besseren wenden.
Ursache für die schwache Entwicklung sind weiterhin Gewebe und Gewirke. Gemäss Zahlen werden sowohl Export wie auch Import dieses Jahr um einen Fünften schrumpfen. Das dritte Quartal ist hier keine Ausnahme. Erfreulich ist hingegen, dass das Ausland zunehmend nach Spinnstoffen und speziellen Textilflächen nachfragt. Gerade letztere legen auch auf der Importseite stark zu.
Der Positivtrend der Bekleidungsexporte der letzten knapp zwei Jahren hält auch im dritten Quartal an. So hat die Schweiz gegenüber 2023 fast 13 Prozent mehr ins Ausland verkauft (ohne Rückwaren). Mit Rückwaren sanken die Exporte um 2,4 Prozent.
Die Importe haben im dritten Quartal um knapp drei Prozent zugelegt. Mit Rückwaren kommen sie auf einen Rückgang von 0,1 Prozent.
Die kommenden Monate dürften nicht nur für die Schweizer Textil- und Bekleidungsbranche entscheidend sein.
Bezieht man die Zahlen auf die wichtigsten Partnerländer, stechen die asiatischen Staaten ins Auge. Besonders frappant sind China und Japan. Im dritten Quartal stieg sowohl der Handel von Textilien als auch Bekleidung an. Die Ausfuhren sind dieses Jahr gar durchgehend gewachsen. Speziell in Japan sind Schweizer Produkte beliebt.
Europa, Deutschland ausgenommen, dagegen schwächelt, – allen voran der Textilbereich. In Deutschland kommen Schweizer Waren wieder besser an. Brach die Nachfrage des nördlichen Nachbarn in der ersten Jahreshälfte noch stark ein, scheint sie sich allmählich zu erholen.
Die kommenden Monate dürften nicht nur für die Schweizer Textil- und Bekleidungsbranche entscheidend sein. Einerseits ist der Regierungswechsel in den USA ein wichtiger Faktor für die Weltwirtschaft. Hier bleibt abzuwarten, welche Richtung die US-amerikanische Politik ab Januar 2025 einschlägt.
Zugleich stehen Neuwahlen in Deutschland an. Da das Land der wichtigste Absatzmarkt der Branche ist, bleibt zu hoffen, dass eine neu gebildete Regierung die schwache Konsumentenstimmung anheben kann.
Die Arbeitslosenquote liegt über dem nationalen Durchschnitt von 2,5 Prozent.
Im Vergleich zum Vorquartal ist die Arbeitslosenquote der verarbeitenden Industrie abermals leicht gestiegen und betrug im September 3,1 Prozent (plus 0,7 Prozent mehr als 2023). Damit liegt sie über dem nationalen Durchschnitt von 2,5 Prozent.
Die Anzahl Beschäftigter der Branche bleibt gegenüber zum Vorjahresquartal stabil und liegt bei 11'600 Vollzeitäquivalenten.
Die Kapazitätsauslastung der verarbeitenden Textil- und Bekleidungsbranche bleibt mit 79.1 Prozent weiterhin unter der 80-Prozentmarke. Die Gesamtindustrie ist praktisch gleich ausgelastet und liegt einen halben Prozentpunkt höher. Nach den stärkeren Bewegungen in den Jahren zuvor stabilisierte sich ihre Auslastung in den vergangenen Quartalen.
Nachdem die Mehrheit der Unternehmen der verarbeitenden Textil- und Bekleidungsbranche die Geschäftslage im Sommer 2024 positiv eingeschätzt hat, zeigte die Tendenz in letzten beiden Monaten deutlich nach unten. Gleichzeitig gingen immer weniger von einer Besserung aus. Dies führte dazu, dass der Saldo innerhalb von zwei Monaten von 33.4 auf Minus 18.8 Punkte gefallen ist.
Damit kommt die Textil- und Bekleidungsbranche der Schweizer Gesamtindustrie äusserst nahe. Diese bewertet die Geschäftslage seit gut einem Jahr stets leicht negativ.
Die eingebrochene Geschäftslage ist mitunter auf den zu tiefen Auftragsbestand zurückzuführen. Er erreichte im Spätsommer einen Tiefstwert, der in den letzten drei Monaten teilweise korrigiert wurde. Nichtsdestotrotz ist die Auftragslage sowohl in der Textil- und Bekleidungsbranche als auch der Schweizer Gesamtindustrie auffällig negativ. Ihre Einschätzung bewegte sich in den vergangenen Monaten praktisch seitwärts.
Die Geschäftslage des Textil- und Bekleidungsgrosshandels kommt auf einen Saldo von 39 Minuspunkten. Zwar zeichnet sich eine leicht positive Tendenz ab, doch der gesamtschweizerische Grosshandel schätzt die Geschäftslage klar besser ein. Die Branche sieht die momentanen Marktlage also weitaus schwieriger.
Mit einem Saldo von fast 70 Minuspunkten liegt die zentrale Ursache dafür bei der miserablen Nachfrage. Beim gesamtschweizerischen Grosshandel liegt der Saldo bei 23 Minuspunkten und damit deutlich näher an der Nullgrenze.
Die Geschäftslage stellt den konjunkturellen Gesamtzustand des Unternehmens dar. Die Testteilnehmenden beantworten die Frage: «Wir beurteilen die Geschäftslage zurzeit insgesamt als gut, befriedigend, schlecht.» Der Auftragsbestand umfasst die Menge oder den Wert der noch nicht in Arbeit genommenen Kundenaufträge. Die Testteilnehmenden beantworten die Frage: «Wir beurteilen den Auftragsbestand insgesamt als gross, normal, zu klein.» Die Nachfrage umfasst die Nachfragen nach Leistungen im In- und Ausland. Die Testteilnehmenden beantworten die Frage: «Die Nachfrage nach unseren Leistungen ist in den letzten drei Monaten gestiegen, gleichgeblieben, gesunken.»
Für die vier Indikatoren wird der saisonbereinigte Saldo aus positiven und negativen Antworten ausgewiesen. Dieser gibt die Tendenz der Entwicklung wieder. In der Praxis zeigen die Saldi eine hohe Korrelation mit den tatsächlichen Wachstumsraten der Realindikatoren. Die Angaben der positiven und negativen Antworten (Prozentzahlen im Text) sind nicht saisonbereinigt. (Quelle: KOF ETHZ)
Die Arbeitslosenquote der Textil- und Bekleidungsindustrie betrug im September dieses Jahres 3,1 Prozent, was einem Anstieg von 0,7 Prozent im Vergleich zum Vorjahr entspricht. Die Beschäftigtenanzahl sank minim um 50 Vollzeitäquivalente. Hier ist jedoch anzumerken, dass die Anzahl Beschäftigter im Vergleich zum Vorquartal um 350 Vollzeitäquivalente angestiegen ist.
Die Bekleidungsexporte entwickeln sich weiterhin erfreulich. Zum achten Mal in Folge verkauften die Unternehmen nach Abzug der Rückwaren mehr Bekleidung ins Ausland als im Vorjahresquartal. So wuchsen die Exporte im Q3 um über zwölf Prozent. Auch die Importe stiegen erstmals seit längerer Zeit wieder und nahmen um knapp drei Prozent zu.
Die Textilimporte und -exporte verharren im negativen Bereich, wobei ihr Rückgang abgeschwächt werden konnte. Angesichts der negativen Entwicklung 2023 dies jedoch ein schwaches Trostpflaster. Anders ausgedrückt: Die Zahlen stabilisieren sich minim, aber auf tiefem Niveau.
Gesamthaft verkauften Unternehmen in der Schweiz Textilien im Wert von 253 Millionen. Die Bekleidung kam nach Abzug der Rückwaren auf 286 Millionen Schweizer Franken. Die wichtigsten Zielmärkte sind in beiden Fällen Deutschland und weitere EU-Staaten.
Die Textilimporte beliefen sich im vergangenen Quartal auf 445 Millionen Schweizer Franken. Der wichtigste Lieferant war Deutschland mit 108 Millionen. Mit 77 Millionen ist auch China ein wichtiger Partner. Da der Handel mit dem Reich der Mitte um 22 Prozent zunahm, dürfte dies künftig so bleiben.
Mit fast 600 Millionen Franken ist China der wichtigste Beschaffungsmarkt von Bekleidung. Der wichtigste europäische Kleiderlieferant Italien exportierte Waren im Wert von 253 Millionen Franken in die Schweiz.
Bei den Textilien gibt es erhebliche Unterschiede zwischen den Warengruppen. Heimtextilien sowie Gewebe und Gewirke werden weniger nachgefragt. Gleichzeitig stieg die ausländische Nachfrage nach Spinnstoffen und speziellen Textilflächen. Dabei sank das wichtigste Exportgut, technische Textilien, minim. Mit Exporten im Wert von 134 Millionen Schweizer Franken machen diese jedoch weiterhin die Hälfte aller Textilexporte aus.
Der textile Grosshandel kämpft mit einem schwierigen Jahr. Nach einem Tiefpunkt in der ersten Jahreshälfte schätzen die Unternehmen die Geschäftslage wieder besser ein. Wenngleich sie im negativen Bereich bleibt.
Gleichzeitig zeigt die bisherige Nachfrage nach unten. Die Lage dürfte sich daher nur zögerlich entspannen. Dies zeigt auch die erwartete Nachfrage für die kommenden drei Monate. Der Saldo ist mit 2.6 Punkten nur leicht positiv. Eine Stagnation scheint wahrscheinlicher. Die Preise dürften in den kommenden Monaten stabil bleiben.
Die verarbeitende Industrie hat die Geschäftslage besonders im Sommer positiv eingeschätzt. Das Blatt hat sich in den vergangenen zwei Monaten gewendet. Was mitunter mit dem negativ eingeschätzten Auftragsbestand zu tun hat. Dessen Saldo liegt seit mehreren Monaten unter null.
Ein positives Signal kommt von den erwarteten Bestellungen. Hier erwartet eine kleine Mehrheit eine leichte Zunahme in den kommenden Monaten. Die Verkaufspreise dürften weiterhin stagnieren und der Inflationsdruck eher abnehmen. Dies ist besonders fürs Auslandgeschäft relevant, um konkurrenzfähig zu bleiben.
Der Grosshandel rechnet in den kommenden drei Monaten mit einer leichten Abnahme der Beschäftigten. Die verarbeitende Industrie geht sogar von noch schlechteren Zahlen aus. Mit einem Saldo von 29 Minuspunkten schätzt eine klare Mehrheit, dass die Anzahl Beschäftigter in den kommenden Monaten sinken wird.
Unsicherheiten dürften die allgemeinen Prognosen für die Schweizer Wirtschaft, besonders die Textil- und Bekleidungsbranche, prägen. Eine wichtige Rolle werden die politischen Entscheide in den USA und in Deutschland spielen.
In Deutschland kommt es höchst wahrscheinlich im Februar zu Neuwahlen. Die neue Regierung wird sich unter anderem mit der schlechten Konsumentenstimmung befassen müssen. Die hohe Inflation hat den Konsum gebremst, was sich in der miesen Wirtschaftslage widerspiegelt. Eine rasche Erholung wäre für die Schweiz enorm wichtig.
Global betrachtet werden die Entscheidungen des alten neuen US-Präsidenten viel Einfluss haben. Schutzzölle, Freihandelsabkommen oder Handelskrieg gehörten zum Wahlkampfjargon. Die Zukunft wird weisen, welche der Szenarien eintreten.
Aus diesem Grund ist es umso wichtiger, dass die Schweiz die eigenen Möglichkeiten nutzt, um gute Rahmenbedingungen zu schaffen. Gleich lange Spiesse im Onlinehandel, eine Abschwächung des Schweizer Frankens wie auch die Bilateralen III sind wichtige Anliegen, die es jetzt anzugehen gilt.
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