Adriana Zilic — 25.04.2023

Wo steht die EU-Textilstrategie aktuell und welche Massnahmen sind für die Schweizer Branche relevant? Das 2022 angekündigte Regulierungspaket hat inzwischen einige Hürden genommen, ist in Teilen umgesetzt und in anderen wichtigen musste die Kommission einige Schritte zurück krebsen.

Seit dem die EU ihre Strategie zu ihrem Green Deal 2022 vorgestellt hat, sind zahlreiche Weichen gestellt worden. Während sich einige zentrale Vorhaben seither in der Umsetzungsphase befinden – so ist etwa:

  • die Ökodesign-Verordnung in Kraft
  • erste Produktstandards werden konkretisiert
  • neue Verbraucherrechte gegen Greenwashing sind beschlossen
  • die erweiterte Herstellerverantwortung für Textilien wird mit der Abfallrichtlinie in allen Mitgliedstaaten verbindlich
  • und aktualisierte Horizontal-Regeln zu Produktsicherheit und Haftung gelten bis spätestens Ende 2025 015 –

Offene Punkte

– sind andere Dossiers noch offen und sollen bis 2025 verabschiedet werden. Dazu gehört die Green-Claims-Richtlinie. Viele Massnahmen greifen zudem erst mittelfristig. Für die Umsetzung der Verbraucher- und Abfallrichtlinie haben die Mitgliedstaaten noch bis 2026, respektive 2027 Zeit. Für die neuen Produktpässe und Ökodesign-Vorschriften für Textilien werden die EU-Vorgaben schrittweise bis 2030 erwartet.

Der Regulierungsriese

Was die EU in den kommenden Jahrzehnten erreichen will, ist gelinde ausgedrückt ehrgeizig. So verkündete die EU-Kommission Ende 2019, ihre Mitgliedstaaten – die zweitgrösste Volkswirtschaft der Welt – bis 2050 klimaneutral machen zu wollen. Alle zusammen sollen folglich nur so viel Treibhausgas ausstossen, wie sie kompensieren kann.

Experten betrachten den Green Deal vor allem als ein milliardenschwere Investitions-, Gesetzes- und Strategiepaket, das praktisch alle Branchen im europäischen Binnenmarkt betrifft. Die Textilbranche im Besonderen.

Diese Änderungen sind für die Schweiz wichtig

Demnach müssen sich bis 2030 sämtliche Textilerzeugnisse aus dem EU-Markt flicken lassen, aus Recyclingfasern bestehen, frei von gefährlichen Stoffen, langlebig sowie recyclebar sein und sozial und umweltverträglich hergestellt. So steht es in der so genannten «EU-Strategie für nachhaltige Textilien», die die EU im März 2022 veröffentlichte. Seither wurde respektive wird die Textilstrategie mit umfassenden Regulierungen umgesetzt. Unter anderem soll die EU-Ökodesignrichtlinie, die Textilkenn­zeichnungs­verordnung, Vorschriften für unlauteren Wettbewerb («Greenwashing») und die Chemikaliengesetzgebung REACH überarbeitet werden.

Aus Schweizer Perspektive sind vor allem die geplanten Änderungen beim Produktpass, Designanforderungen, EPR-Beiträge, Recyclinggrenzen und das Verbot der Vernichtung unverkaufter Waren massgebend.

Grosse Omnisbus-Verordnung ist Geschichte

Allerdings verläuft der Fahrplan längst nicht ganz so reibungslos wie vorgesehen. Einige Regulierungen musste die EU auf Eis legen oder gar vollständig zurückziehen. Die ursprüngliche grosse Omnibus-Verordnung von 2022 sah Änderungen an fünf Produktevorschriften vor und wurde inzwischen wegen ihrer bürokratischen Unverhältnismässigkeit und schieren Grösse zerpflückt. Anstelle eines einzigen und allumfassenden Rechtsakts sah sich die Kommission im Februar 2025 gezwungen, ihn zu vereinfachen und in mehrere Omnibus-Päkchen aufzuteilen.

So hat sie die Anforderungen an die Unternehmen verfeinert. Unterschieden wird nach Anzahl der Beschäftigten im Unternehmen. Abhängig davon müssen sich betroffene grosse Firmen künftig an die Berichts- und Sorgfaltspflichten halten sowie Daten zu den Emissionen und der Lieferkettentransparenz offenlegen.

Noch ist nichts beschlossen. Das Europäische Parlament und der Rat verhandeln jetzt zwei schlankere Vereinfachungs-Pakete. Sollten die Vorschläge unverändert durchkommen, müsste der Grossteil der KMU der Textil-Wertschöpfungskette in Zukunft deutlich weniger (oder gar nicht mehr) zu Vorschriften, Nachhaltigkeit, Lieferketten usw. berichten.

Bis 2030 müssen sich sämtliche Textilerzeugnisse aus dem EU-Markt flicken lassen, aus Recyclingfasern bestehen, frei von gefährlichen Stoffen, langlebig sowie recyclebar sein und sozial und umweltverträglich hergestellt. Bild: iStock
Bild Blogbeitrag i Stock 1254612638

Diskutieren Sie mit

Um zu kommentieren, müssen Sie ein registriertes Mitglied sein

Artikel zum Thema