Mirjam Matti Gähwiler — 07.03.2022

Anfang 2021 lancierten die Allianz Faserbasierte Werkstoffe Baden-Württemberg e.V. (AFBW) und Swiss Textiles eine Kooperation zur Förderung des Austausches zwischen den Swiss-Textiles-Mitgliedern und dem Netzwerk der AFBW. Ziel dieser Kooperation ist, Akteure aus Wissenschaft und Wirtschaft branchenübergreifend zusammenzubringen, um den Technologietransfer voranzutreiben und neue Lösungen anzustossen. Zeit, Bilanz zu ziehen, was sich in diesem ersten Jahr getan hat.

«Wir bieten drei Dienstleistungen: Mitwirkung in Arbeitsgruppen, Zugang zur Wertstoffbörse und zum Technologietelefon», sagt Ulrike Möller, zuständig für die Geschäftsführung und das Netzwerkmanagement bei der AFBW. Seit dem Start der Kooperation mit Swiss Textiles war die Nachfrage vor allem nach der Mitwirkung in Arbeitsgruppen hoch. Hier geht es um den Austausch und das gemeinsame Finden von Lösungen brandaktueller Themen, insbesondere in der Nachhaltigkeit. «Kreislaufwirtschaft und der Einsatz von Rezyklaten gewinnen gerade enorm an Bedeutung», so Ulrike Möller. Die AFBW setzt dabei stark auf die Betrachtung des Pre-Consumer-Bereichs, also den Bereich, der auch noch Produktion in Europa hat. Dazu wurde das neue Projekt «CycleTex BW» gestartet, das auch Swiss-Textiles-Mitgliedern offensteht.

Ulrike Möller

Kreislaufwirtschaft und der Einsatz von Rezyklaten gewinnen gerade enorm an Bedeutung.

Bei der Wertstoffbörse handelt es sich um eine Plattform, die nach dem einfachen Prinzip «Biete/Suche» funktioniert und nicht mehr benötigte Wertstoffe vermittelt. «Das ist ein absolut zeitgemässer und ein super Service – es wäre toll, wenn wir noch mehr Akteure aus der Schweiz gewinnen könnten», so Ulrike Möller.

Beim Technologietelefon steht die AFBW den Mitgliedern von Swiss Textiles beratend zur Seite – bei Fragen rund um faserbasierte Werkstoffe, neue Technologien oder Entwicklungsideen. Die AFBW vernetzt direkt, wenn sie Partner kennen, die infrage kommen. Gibt es keinen direkten Ansprechpartner, versenden sie die Anfrage über das Netzwerk «AFBW wanted». «Wir nutzen die Plattform, um möglichst viel Input zu bekommen, Netzwerkpotenziale zu nutzen und Neues zu erfahren», so Ulrike Möller. Die Informationen, die zurückkommen, werden dann an das anfragende Unternehmen weitergegeben.

Mario Stucki, Dimpora AG

Beim Schliessen von Kreisläufen steht die Industrie noch am Anfang und daher hatten wir auch viele Kontakte aus dem Forschungsfeld.

Zwei Swiss-Textiles-Mitglieder, die den Service «AFBW wanted» genutzt haben und hier von ihren Erfahrungen berichten, sind Dimpora AG und Flawa Consumer GmbH.

Auf das Angebot der AFBW stiess Mario Stucki, Gründer und CEO von Dimpora, bei einem Netzwerkanlass von Swiss Textiles und der AFBW im House of Switzerland in Stuttgart im September 2021, wo es ums Thema «Das Material der Zukunft: mit Textilien zum nachhaltigen Unternehmertum» ging. Stucki und sein Team waren auf der Suche nach kreislauffähigen Polymeren, die in Geweben oder Nonwovens eingesetzt werden können. Daraus sollen Membrane hergestellt werden, die atmungsaktiv und wasserdicht sind, aber frei von Giftstoffen. Abnehmer sind die Outdoorbekleidungshersteller. Langfristig soll es da Richtung Kreislaufwirtschaft gehen. «Beim Schliessen von Kreisläufen steht die Industrie noch am Anfang und daher hatten wir auch viele Kontakte aus dem Forschungsfeld. Die sind natürlich auch interessant, aber wir sind hauptsächlich an der Skalierung auf Maschinen in grösserem Massstab interessiert», so Stucki. Aus den Kontakten, die er durch die AFBW gewonnen hat, hat er bereits erste Muster versandt und er entwickelt mit seinem Team weiter.

Ebenfalls profitiert von den Kontakten hat die Flawa Consumer GmbH. Und dies gleich auf verschiedenen Ebenen. Cristina Didavide, Head of Product Development, war unter anderem auf der Suche nach einem veganen Leder, aus dem Einlegesohlen für die Schuhindustrie gefertigt werden sollen. «Ich wüsste nicht, wo ich sonst so rasch auf so wertvolle und gute Kontakte gestossen wäre», sagte Cristina Didavide. Man findet nicht immer gleich das fixfertige Produkt bzw. Fabrikat, aber es entstehen aus den Kontakten Entwicklungen und aus denen neue Kontakte, die weiterführen und sogar neue Möglichkeiten eröffnen. So stiess Didavide auf eine Firma, die aus Abfällen der Ananasernte Fasern herstellt. Erste Tests mit dieser Faser laufen bereits. Ebenso Tests mit sogenannter Leder-Wolle, einer Art Flocken, die aus der Verarbeitung von Lederrezyklaten stammen.

Aus diesen Abfällen aus der Ananas-Ernte sollen dereinst Fasern für Einlegesohlen entstehen.
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Sogenannte Leder-Wolle, eine Art Flocken, die aus der Verarbeitung von Lederrezyklaten entstehen. Foto: © CH.BREUNINGER.LEDER GmbH
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Christina Didavide, Flawa Consumer GmbH

Ich kann den Swiss-Textiles-Mitgliedern nur empfehlen, sich mit ihren Anfragen ebenfalls an die AFBW zu wenden. Keine Google-Suche kann das ersetzen.

Zudem ist Flawa auf ein Start-up aufmerksam geworden, das aus Hanffasern veganes Leder entwickelt. Das hat die Führung der Flawa so begeistert, dass sie erwägt, in das Start-up zu investieren und damit auch Teil dieser innovativen Lösung zu werden. «Das Angebot der AFBW ist nicht vergleichbar. Ich bin beeindruckt, wie effizient und professionell uns die AFBW mit all unseren Anfragen geholfen hat. Ich kann den Swiss-Textiles-Mitgliedern nur empfehlen, sich mit ihren Anfragen ebenfalls an die AFBW zu wenden. Keine Google-Suche kann das ersetzen», sagt Cristina Didavide.

Credits Hauptbild: Technische Textilien Lörrach GmbH & Co. KG.

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