Wie entscheidend ist der Dialog über Branchengrenzen hinweg – gerade jetzt? Diese Frage stand im Mittelpunkt der diesjährigen Generalversammlung von Swiss Textiles, die am 5. Juni 2025 im Zürcher Schiffbau stattfand. Neben der Vorstellung der neuen Verbandsstrategie und der Wahl von Christiane Hügelmann in den Vorstand war der interdisziplinäre Austausch das zentrale Thema – gerade in der aktuell unruhigen Zeit.
Während sich einst verlässliche politische Handelspartner heute kaum mehr um regelbasierten Austausch und Zusammenarbeit scheren, zeigte sich vergangenen Donnerstagnachmittag im Zürcher Schiffbau das genaue Gegenteil:
Am Summit von Swiss Textiles kamen Mitglieder sowie Partnerinnen und Partner aus Bildung, Forschung, Politik und Wirtschaft zusammen – um sich auszutauschen, gemeinsame Anliegen zu stärken und Neues zu entdecken. Über 200 Gäste insgesamt.
Leben Sie Ihre Partnerschaften mit Ihren Lieferanten und Kundinnen!
«Leben Sie Ihre Partnerschaften – mit Ihren Lieferanten, Kundinnen und Kunden», rief Präsident Carl Illi die Gäste in seiner Begrüssungsrede auf. Textile Herausforderungen liessen sich nur gemeinsam lösen – mit dem benachbarten Ausland, insbesondere der EU, und weltweit. Die Bilateralen III seien deshalb für die Branche unabdingbar: «Wir brauchen offene Zugänge für Einkauf und Verkauf», stellte er klar.
Im formellen Teil der Generalversammlung befassten sich die Mitglieder mit der Statutenänderung, die der Vorstand im Rahmen der auslaufenden Strategie 2025 angestossen hatte.
Die bisherigen fünf Strategiethemen – Wirtschaftspolitik, Nachhaltigkeit, Fachkräfte, Design und Technologie – wurden dabei neu gebündelt und inhaltlich zusammengeführt. In diesem Zuge lösen themenspezifische Arbeitsgruppen die bisherigen Fachgremien ab.
«Wir haben festgestellt, dass die Themen komplexer geworden sind und zunehmend ineinandergreifen», erklärte Carl Illi. Mit der neuen Struktur könne Swiss Textiles künftig agiler und schneller auf Entwicklungen reagieren.
Die Head of Sustainability, Compliance & Quality bei der Holy Fashion Group folgt auf Dr. Michela Puddu, die den Vorstand aufgrund einer neuen beruflichen Tätigkeit ausserhalb der Textilbranche verlassen hat.
Der Summit 2025 zeigte eindrücklich, wie entscheidend der Dialog über Branchengrenzen hinaus ist – gerade in einer Zeit, die von Unsicherheit, aber auch von Chancen geprägt ist.
Im Anschluss ordnete Keynote-Speaker Prof. James W. Davis, Professor für Internationale Politik an der Universität St. Gallen, die aktuellen globalen Entwicklungen ein.
Dabei spannte er einen weiten Bogen – von weltpolitischen Umbrüchen über deren Einfluss auf demokratische Strukturen und wirtschaftliche Stabilität bis hin zu den Folgen für unternehmerisches Denken in der Schweiz.
«Statt zu fragen, weshalb derzeit so viel Unordnung in der Weltpolitik herrscht, drehe ich die Frage um: Warum erlebten wir in den 75 Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg eine so lange Phase stabiler Ordnung? Vielleicht hilft uns diese Perspektive, die aktuelle Lage besser zu verstehen», sagte der Experte.
Mögliche Ursachen lassen sich laut Davis sowohl soziologisch als auch psychologisch erklären. Vereinfacht gesagt: Für viele Staaten waren Frieden, Wohlstand und Sicherheit nach dem Zweiten Weltkrieg deutlich attraktiver und günstiger als gewaltsame Konflikte, ausgelöst durch territoriale Ansprüche oder Machtinteressen. Hinzu kam die existenzielle Bedrohung durch einen möglichen Atomkrieg – sie war zu gross, um das Risiko eines offenen Konflikts einzugehen.
Was Staaten früher davon abhielt, einander anzugreifen, schreckt heute offenbar weniger ab. Die Kosten-Nutzen-Rechnung eines Krieges werde heute anders gewichtet, erklärte Davis. Gründe dafür seien unter anderem neue, präzisere Technologien, wieder aufkeimende Territorialansprüche, eine Verschiebung der Werte und einstiger Hegemonialmachten sowie eine bröckelnde Sicherheitsgemeinschaft.
Davis geht davon aus, dass die Weltpolitik noch «die nächsten zwei Jahre» Kopf stehen und sich in dieser Zeit nicht stabilisieren werde.
Der Summit 2025 zeigte eindrücklich, wie entscheidend der Dialog über Branchengrenzen hinaus ist – gerade in einer Zeit, die von Unsicherheit, aber auch von Chancen geprägt ist.
Diskutieren Sie mit