Seitdem die EU 2022 ihre «Strategie für nachhaltige Textilien» präsentierte, sind zahlreiche Weichen gestellt worden. Weshalb herrscht immer noch Unsicherheit, obwohl einige Gesetze bereits umgesetzt sind? Wo steht die Textilstrategie aktuell?
Drei Jahre ist es her, seit dem die EU im Rahmen seines Green Deals die Textile-Strategy für nachhaltige Textilien veröffentlichte. Die Mitgliedsländer sollten endlich von der linearen zu einer Kreislaufwirtschaft umstellen.
Umgesetzt wird das Vorhaben über Gesetze aus insgesamt 16 Regulierungen. Diese müssen so angepasst werden, dass Textilien auf dem EU-Markt künftig in Kreisläufen zirkulieren, keine Schadstoffe enthalten und unter menschenwürdigen Bedingungen hergestellt worden sind.
Der Green Deal ist ein milliardenschweres Paket aus Investitionen, Gesetzen und Strategien, die praktisch sämtliche Branchen des europäischen Binnenmarkts betreffen.
Besonders gross sind die Auswirkungen dabei auf die Textil- und Bekleidungsbranche: Bekleidung und Heimtextilien sind die erste Produktgruppe mit den neu geltenden Vorschriften. Allein die Unternehmen in der Schweiz verkaufen jedes Jahr im Schnitt zwischen 60 und 70 Prozent ihrer Bekleidung und Textilien in die EU.
Während der Gesetzestext einiger zentraler Vorhaben bereits in Kraft ist, wurden andere auf Eis gelegt oder bleiben ungeklärt. Die Folge sind Unsicherheit und langes Warten.
Welche sind aktiv und welche nicht? Welche betreffen die Textilunternehmen in der Schweiz?
Die Regulierungsprozesse und der Umfang der Gesetzesrevisionen machen es schwer, den Überblick über das EU-Grossvorhaben zu bewahren.
Zwar geben das Europäische Parlament und der Rat die Richtung vor – die praktische Ausgestaltung erfolgt jedoch über die Kommission. Diese scheitert teilweise an der fachlichen Umsetzung.
Das führte in den letzten Monaten zu mehreren Kurswechseln. Prominentestes Beispiel: die neu lancierte Omnibus‑Regulierung zur Nachhaltigkeitsberichterstattung und Lieferkettensorgfalt sowie der «Stop‑the‑clock»‑Vorstoss (siehe Bildergalerie).
Weitere ähnliche Omnibusvorschläge – etwa zum «Circular Economy Act» – sind in Arbeit. Besonders verzögern könnte sich die Realisierung bei Textilien. Deren Kontrolle und Steuerung erweist sich als komplexer als angenommen.
Regeln für kreislauffähige Produkte zu erlassen, ist einfach – ihre Kontrolle hingegen weniger. Es fehlt an praxisgerechten Nachweisen, speziell bei Importwaren:
Hinzu kommt, dass einige EU Mitgliedstaaten etwas voreilig waren und bereits national Vorschriften eingeführt haben. Jetzt wird gestritten, welche Regeln EU-weit gelten sollen.
Unternehmen müssen planen können und benötigen Zeit, um die komplexen Vorschriften umzusetzen. Angesichts der unzähligen offenen Fragen ist es für Firmen, Zulieferer und Hersteller jedoch schwer, abzusehen, wie sie sich vorbereiten sollen.
Viele haben bereits in Innovationen und personelle Ressourcen investiert – angetrieben vom nachhaltigen Ansatz. Doch wohin die EU‑Textilstrategie genau steuert und wie sie ihre Ziele erreichen will, bleibt unklar. Es gilt abzuwarten. Swiss Textiles hält Sie natürlich wie immer auf dem Laufenden.
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